In der Hermannstädter Zeitung vom 12. April diesen Jahres war zu lesen: „Paputschen aus Filz (handgefilzte Puschen) gibt es seit kurzem im Sebastian-Hann-Informationszentrum in Heltau zu kaufen. Die Schuhe werden im Selbsthilfekreis arbeitsloser Frauen hergestellt. Gelernt haben die Frauen das Filzen von der Tochter einer gebürtigen Heltauerin, Margret Riedl, die bei dieser Gelegenheit die Heimat ihrer Mutter erstmals besucht hat. „Dieses Projekt und einige ihrer wunderbaren Tapisserien stellte die Textilkünstlerin Margret Riedl am Sonntag, dem 7. Juli 2002, anlässlich des Gemeindefestes der ev. Kirchengemeinde in Drabenderhöhe vor. Die großflächigen Exponate wurden von zahlreichen Besuchern bestaunt und bewundert. Währenddessen fanden viele interessante Gespräche mit der Künstlerin statt.
Ihre Textilbilder entstehen, wie sie selbst erzählt, aus dem Chaos von -zig Millionen Wollfasern und sind das Spiegelbild ihrer momentanen Befindlichkeit. “ Ideen verwandeln sich während des anstrengenden Arbeitsprozesses in technisch Machbares oder explodieren in verrückten Phantasien.“ Ausgangspunkt ist der gewünschte Farbklang, ansonsten lässt sie sich leiten von ihren Gefühlen und Gedanken. Gearbeitet wird ohne Entwurf.
Filzen ist ein Vorgang, der viel Kraft erfordert. Anders als beim Spinnen wird das kardierte Wollflies nur mit den Händen und mit heißem Seifenwasser solange bearbeitet, bis es verfilzt. Dieses Material mit seinen bemerkenswerten Eigenschaften eignet sich sowohl zur Gestaltung künstlerischer Arbeiten als auch für die Herstellung von Bekleidung wie: Westen, Jacken, ausgefallenen Kragen und Puschen. Wer Filzschuhe ohne Strümpfe trägt, merkt, wie die Füße bei jedem Schritt massiert und die Durchblutung gefördert wird. „Auf der hannoverschen Expo 2000 im rumänischen Pavillon holte sie mich wieder ein, meine Familiengeschichte“, schreibt Margret Riedl in der Zeitschrift Textilforum 2/2002. Ein Raum trug die Überschrift „Die fleißigen Weber von Heltau“. Ein ganzer Raum war der kleinen Stadt gewidmet, in die ihr Großvater – ein Textilingenieur aus Wuppertal- Ronsdorf – Anfang der 20er Jahre, mit 4 Bandwebstühlen im Gepäck, ausgewandert war. In einer angemieteten Scheune entstand daraus in Zusammenarbeit mit einem ansässigen Wollfabrikanten die Heltauer Seidenweberei.
Margret Riedl, geboren im ukrainischen Jenakjewo, wohin ihre Mutter, Lieselotte Bilstein, als Achtzehnjährige 1945 nach Rußland deportiert wurde, begab sich 4 Wochen nach der Expo auf Spurensuche nach Heltau. Während dieser und drei weiterer Reisen bedrückte die Künstlerin jedes Mal die wirtschaftliche Situation vor Ort. Daraus erwuchs ihr Wunsch einen kleinen Beitrag zu leisten – keine Spende, sondern im Rahmen ihrer Möglichkeiten als Textilkünstlerin Hilfe zur Selbsthilfe zu initiieren. Diese Idee entstand in dem kleinen Laden der ev. Kirche in Heltau. Dort, wo Stickereien, Häkelarbeiten, handgewebte Tischdecken und Handtücher verkauft werden, könnten auch handgefilzte Schuhe gekauft werden, produziert in einem Frauenprojekt. Dies geschah im Februar 2002 und kurze Zeit darauf begannen die Frauen mit der Produktion von Schuhen, die sie zunächst für sich selbst machen sollten. Sie waren mit Feuereifer dabei und alle Schuhe gelangen. „Eine Frau weinte vor Freude über ihre wunderbare Arbeit.“
Außer Paputschen entstanden in der Werkstatt u.a. ein Wandteppich für den Weltgebetstag der Frauen.
Zur Zeit ist Margret Riedl wieder für mehrere Wochen in Heltau. Sie weiß, dass sie dort dringend gebraucht wird. Im Gepäck hat sie auch dieses Mal viele Ideen dabei, so die Verknüpfung zwischen Alt und Neu. Ihr schwebt vor, typische siebenbürgische Motive in der Filztechnik neu aufleben zu lassen.
Daher muss die Arbeit in ihrer eigenen Werkstatt für Gewebtes und Gefilztes „Textil Unikat“ am Rande des Naafbachtales in einem Naturschutzgebiet in NRW für längere Zeit ruhn.
Im Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim sind ihre Werke Ende des Jahres zu bestaunen.
Waltraud Fleischer