Die Überraschung ist geglückt: Als Michael Hartig beim Herbstkonzert des Blasorchesters mit dem Verdienstabzeichen „Pro Meritis“ des Verbandes der Siebenbürger Sachsen ausgezeichnet wurde, war er völlig überrascht: „Ich habe nichts geahnt.“
Michael Hartig (3.v.l.) wurde mit der „Pro Meritis“ Medaille des Verbandes der Siebenbürger Sachsen ausgezeichnet. vorne: Wilfried Bast, stellv. Bürgermeister von Wiehl, Enni Janesch, Kreisgruppenvorsitzende Drabenderhöhe, Jürgen Poschner, Vorsitzender Blasorchester Siebenbürgen-Drabenderhöhe, Günther Scheipner und Günther Bartesch, stellvert. Vorsitzende der Landesgruppe NRW, im Hintergrund Honterus-Chor und Blaskapelle. Foto: Christian Melzer
Auf die außergewöhnlichen Verdienste von Hartig ging Kreisvorsitzende Enni Janesch in ihrer Laudatio ein. Hartig ist seit 65 Jahren Musiker, setzt sich unermüdlich für die Pflege des siebenbürgisch-sächsischen Kulturguts ein und hat zur Integration in Drabenderhöhe beigetragen.
Vor rund sechs Jahrzehnten übernahm er zum ersten Mal den Dirigentenstab als Kapellmeister der neu gegründeten Botscher Blaskapelle in Anthering/Österreich, danach von 1957 bis 1965 in Herten-Langenbochum und von 1974 bis 1992 in Drabenderhöhe. Der heutige Ehrendirigent ist weit über die Grenzen des Oberbergischen Kreises hinaus bekannt.
Die Verbindung zu Siebenbürgen und seinem Geburtsort Botsch, wo er 1930 das Licht der Welt erblickte, hat Hartig nie aufgegeben. Bis heute organisiert er als Sprecher der Heimatortsgemeinde Treffen im Vierjahresturnus. Er kümmerte sich um die Renovierung der Botscher Kirche (Finanzierung und Kontrolle vor Ort), versäumte die Wiedereinweihung mit dem siebenbürgischen Bischof Dr. Christoph Klein nicht.
Mit seinen Büchern über den Botscher Dialekt „Asu kuise mer“ (So reden wir) und dem „Biutscher Wiurterbauk“ (Botscher Wörterbuch) machte er sich stark für den Erhalt der heimatlichen Mundart.
Unermüdlich setzte sich „Misch“ Hartig seit 1965 für den Aufbau der Drabenderhöher Siedlung und Pflege des siebenbürgisch-sächsischen Kulturguts ein, trug durch sein vielfältiges Wirken zur Integration bei. Einige seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten: Vorstandsmitglied der Kreisgruppe und des Adele-Zay-Vereins, Nachbarvater, Mitglied der Kreissynode und des Presbyteriums, Ortsvorsteher (von 1982 bis heute), Gründungsmitglied und Vorsitzender der Diakonie-Sozialstation Wiehl (1986 bis 2005). Der gelernte Tischler besuchte nebenberuflich die Handels- und Ingenieurschule. Danach arbeitete er als Bauleiter beim Bau von Textilfabriken in Tansania, Kenia und im Sudan sowie am Neubau des Kraftwerks in Libyen. Von 1980 bis 1993 war er Leiter des Drabenderhöher Altenheims Haus Siebenbürgen.
Die Verdienstmedaille „Pro Meritis“ sei eine Auszeichnung für außergewöhnliche Leistungen und „Du lieber Misch bist der Erste, der sie in unserer Kreisgruppe verliehen bekommt. Du hast sie verdient“, meinte Enni Janesch abschließend. Günter Scheipner und Günter Bartesch (Stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes NRW der Siebenbürger Sachsen) überreichten stellvertretend für den Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius im Beisein von Wiehls Vize-Bürgermeister Wilfried Bast und Jürgen Poschner (Vorsitzender Blasorchester) die Medaille.
„Drabenderhöhe im Oberbergischen Land bei den Siebenbürger Sachsen bist du Welt bekannt. Hier ist unsere Heimat, wir sind wieder daheim. Es ist so wunderbar Drabenderhöher zu sein“, als der Honterus-Chor unter Leitung von Regine Melzer dieses Lied sang und das Blasorchester dazu spielte, gab es einen Mann im Saal, der sichtlich gerührt mitsang: Michael Hartig, denn von ihm stammen Text und Melodie. Ihm zu Ehren hatte Dirigent Johann Salmen das Lied „Heimat“ zu einer Art Hymne arrangiert. Bis zuletzt war es den Musikern gelungen, die Aufführung geheim zu halten. Geprobt wurde als Hartig für zwei Wochen in Urlaub war. Nach den „Freudentränen“ von Guido Henn, die im zweiten Teil des Konzertprogramms gespielt wurden, stand eigentlich das Mozart-Medley „The Young Amadeus“ auf dem Programm. Alle Musiker, bis auf Misch Hartig wussten, das fällt aus. Dafür erklang die wunderschöne Komposition von „Heimat“, an der auch die rund 350 Gäste ihre Freude hatten.
„Michael Hartig ist bis heute unverzichtbarer Ratgeber und Musiker in unserem Orchester“ betonte Jürgen Poschner als er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender seinem „väterlichen Freund“ zum Jubiläum und zur Auszeichnung gratulierte. Hartig war 14 Jahre alt, als er im September 1944 mit dem großen Treck aus Siebenbürgen nach Österreich flüchtete. Im Herbst 1945 begann er seine musikalische Ausbildung und Ende 1947 trat er in die erste nach dem Krieg gegründete Siebenbürger Blaskapelle Saxonia in Salzburg ein. 1950 bekam er das erste Flügelhorn, blieb dem Instrument bis heute treu.
Hohes musikalisches Niveau bewies das Blasorchester unter Leitung von Johann Salmen während des gesamten Konzerts. Die „Annen-Polka“ von Johann Strauß, das „Frank Sinatra Hits Medley“ sowie der Konzertmarsch von Rudi Fischer „Die Sonne geht auf“, begeisterte die Zuhörer ebenso wie die Trompeter-Kapriolen, die Kerith Müller als Solo-Trompeterin erklingen ließ. Die ausgezeichnete Arbeit, die Norbert Miebach beim Jugendorchester leistet, bewies der Nachwuchs mit „A touch of Mozart“ und dem „Türkischen Marsch“.
Ursula Schenker