Das siebenbürgische Kulturgut pflegen und dem Neuen gegenüber offen sein, diese Werte, die sich die Gründer des Honterus-Chors auf die Fahne geschrieben hatten, beeindrucken Anneliese Dürr bis zum heutigen Tag. Und deshalb möchte die heutige Vorsitzende des Chors, die am 26. August das 70. Lebensjahr vollendete „nicht viel Neues einführen, sondern das weiterführen, was bisher gut war.“
Als Dürr 1979 Rumänien verlassen durfte, beschloss sie dem Ruf der Mutter nach Drabenderhöhe zu folgen, weil „sie so toll beschrieben hat, dass siebenbürgisches Brauchtum hier noch gelebt wird“. Und weil sie gerne singt, ist sie gleich 1980 in den Honterus-Chor eingetreten. Seit 2010 führt sie als Vorsitzende die Geschicke des Chors, brachte Erfahrungen mit von der Vorstandsarbeit in der Kreisgruppe und im Adele-Zay-Verein, hat in den 42 Jahren Chorgemeinschaft erlebt, wie starke Freundschaften zwischen den Mitgliedern entstanden sind.
Für Dürr selbst bedeuten die Proben abschalten vom Alltag, tolle Erlebnisse bei Konzerten, den Jahresausflügen oder dem Katharinenball, der jährlich im November stattfindet und bei dem die Jubilarin mit der Theatergruppe 17 Mal aktiv auf der Bühne gestanden und mitgewirkt hat. Planung und Durchführung der 50-Jahr-Feier in 2016, von Kronenfest sowie die Teilnahmen an der Brauchtumsveranstaltung bei den Heimattagen in Dinkelsbühl gehörten ebenfalls zu den vielfältigen Aufgaben der Vorsitzenden in den vergangenen Jahren. „Durch Corona ist alles etwas anders geworden“, sagt die 70jährige. „Es kommen weniger Sänger zur Probe und wir suchen, wie fast alle Chöre, Nachwuchs.“
Anneliese Dürr, geborene Bodendorfer, erblickte im siebenbürgischen Keist das Licht der Welt. Nach der Schule besuchte sie in Hermannstadt für fünf Jahre das pädagogische Lizeum und absolvierte eine Ausbildung zur Kindergärtnerin. Zu ihrer großen Freude bekam sie ihre erste Anstellung in dem Kindergarten in Keist, in dem sie selbst als Kind gegangen ist. „Meine Mini Tante war mein großes Vorbild und es hat Spaß gemacht mit ihr zu arbeiten. Sie konnte so gut mit Kindern umgehen.“ Fünf Jahre später durfte sie nicht mehr als Kindergärtnerin tätig sein, weil sie Gedanken über eine Ausreise aus Rumänien laut werden ließ und „ich deshalb die Kinder nicht mehr im sozialistischen Sinne hätte erziehen können“, erzählt Dürr. Zu der Zeit war sie verheiratet, hatte zwei Kindern, einen Sohn und eine Tochter. Später arbeitete sie noch viele Jahre im evangelischen Kindergarten Drabenderhöhe.
Die Arbeit als Vorsitzende mache ihr viel Spaß, so dass sie sich vorstellen könne, diese Aufgabe noch einige Jahre zu bewältigen mit dem Ziel auch zukünftig Althergebrachtes zu pflegen und sich dem Neuen nicht zu verschließen.
Ursula Schenker