In einem Offenen Brief an den Wiehler Bürgermeister Ulrich Stücker äußerte nun eine „Bürgerinitiative der angrenzenden Anwohner von Brächen“ erhebliche Bedenken zu der geplanten Nutzung des ehemaligen Altenheims in Brächen als Flüchtlingsunterkunft.
Die Bürgerinitiative kritisierte vor allem die ungünstige Lage des Altenheims mitten in einem Wohngebiet und die schlechte Infrastruktur des Ortes. Es gebe kaum ÖPNV-Anbindungen, schlechtes Internet und die nächsten Einkaufsmöglichkeiten seien mehrere Kilometer entfernt. Dies würde die Integration der Flüchtlinge massiv erschweren.
Auch die medizinische Versorgung und Kinderbetreuung sei bereits jetzt völlig überlastet. Die Kapazitätsengpässe könnten durch die zusätzlichen Bewohner des Flüchtlingsheims nicht aufgefangen werden. Zudem monieren die Anwohner, dass die Stadt keinerlei Sicherheitskonzept für die Einrichtung plane.
Die Bürgerinitiative fordert die Stadtverwaltung auf, alternative Nutzungskonzepte für das leerstehende Gebäude zu prüfen. Es könne beispielsweise als Kombination aus Seniorenwohnen, bezahlbarem Wohnraum und Begegnungsstätte dienen. Dies würde das nachbarschaftliche Miteinander stärken.
Nachfolgend der vollständige Offene Brief der Bürgerinitiative:
Geplante Nutzungsänderung Altenheim Brächen zur Flüchtlingsunterbringung – Stellungnahme zur am 25.01.2024 durchgeführten Informationsveranstaltung
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverwaltung Wiehl,
nach Ihrer Informationsveranstaltung am 25.01.2024 zum Thema Flüchtlingsheim in Brächen, haben wir mittlerweile zahlreiche Gespräche mit ortsansässigen Teilnehmern der Veranstaltung führen können.
Zu unserer großen Sorge mussten wir feststellen, dass die Stadt zu den massiven Problemen, die mit der Standortwahl des geplanten Flüchtlingsheims verbunden sind, keinerlei Lösungskonzepte vorweisen kann.
Brächen ist ein abgelegener Wohnort, geprägt von Einfamilienhäusern mit offenen Grundstücken, in dessen Zentrum sich das Seniorenheim befindet. Die Infrastruktur ist defizitär. Der ÖPNV ins Zentrum von Wiehl (13 km) und nach Gummersbach (16 km) ist kaum vorhanden und beschwerlich (Umsteigen in Bielstein). Die nächstgelegene Ortschaft mit geringer Infrastruktur ist das zwei Kilometer entfernt liegende Drabenderhöhe. Eine Busverbindung dorthin gibt es nur morgens und mittags für die Schüler der Grundschule.
Die digitale Infrastruktur ist in Brächen nicht ausgebaut und dementsprechend mangelhaft.
Dies sind Faktoren, die bei einem Flüchtlingsheim mit durchschnittlich 35 Personen (zeitweise sogar 40 bis 50 und mehr) an diesem Standort zu erheblichen Problemen führen werden, auch wenn Sie in der Veranstaltung mehrfach zugesichert haben, dass die Obergrenze bei 35 Personen liegt.
Leider sind unsere diesbezüglichen vor der Bürgerversammlung eingereichten Fragen sowie die kritischen Wortbeiträge einiger Teilnehmer heruntergespielt, ignoriert und/oder nicht beantwortet worden.
Folgende Fragen und Probleme sind hier exemplarisch zu nennen:
Wie wollen Sie die Mobilitätsprobleme und die Probleme der Verkehrsanbindung an diesem Standort lösen?
Wie sollen z. B. Familien mit kleineren, womöglich kranken Kindern zum nächstgelegenen Kinderarzt nach Gummersbach, Wiehl oder Much kommen?
Wie kommen die geflüchteten Menschen mit z.T. schlechten Deutschkenntnissen per Bus zu Ämtern, Sprachenschulen, Fachärzten, weiterführenden Schulen usw.?
Die Kitas befinden sich in zwei km Entfernung. Wenn die Sprachkurse in Gummersbach stattfinden und die Flüchtlinge zudem noch ihre Kinder zu Fuß in die Kita bringen müssen, wird es für die Menschen unmöglich sein, den Kurs pünktlich zu erreichen.
Wie Sie in der Bürgerversammlung selbst eingestanden haben, ist eine Verbesserung der Busverbindungen nicht in Sicht. Ihre Aussage, dass diesbezüglich eine Zusammenarbeit mit der OVAG kaum möglich ist, bestätigt uns, dass dieses Problem nicht gelöst werden kann.
Problem Betreuung:
Ihre Betreuung stützt sich hauptsächlich auf ehrenamtliche Helfer. Eine professionelle Organisation wie DRK oder Malteser, die in anderen Städten und Gemeinden in Flüchtlingsheimen eingesetzt wird, soll für die ständige Betreuung der Flüchtlinge nicht beauftragt werden. Wir bezweifeln, dass der Einsatz freiwilliger Helfer eine dauerhafte Lösung für mehrere Jahre sein kann. Allein der zusätzliche Betreuungsaufwand durch die Fahrdienste würde die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe dauerhaft überfordern. Hinzu kommen die Kosten für diese Dienste, die von den Freiwilligen selbst bestritten werden müssen.
Da sich das Flüchtlingsheim inmitten eines Wohngebietes befindet, müssen den Flüchtlingen aus anderen Kulturkreisen auch unsere Werte (z.B. Stellung der Frau) und Lebensweise (Müllentsorgung, Einhaltung von Ruhezeiten, Rücksichtnahme auf Andere etc.) beigebracht werden. Auch dafür erwarten wir eine dauerhafte Notwendigkeit von Betreuung.
Problem der Beschäftigung und der Teilnahme an Integrationsangeboten:
Wie wollen Sie die geflüchteten Menschen an einem so entlegenen Standort beschäftigen? Ein Zentrum mit Geschäften gibt es hier nicht.
Die Internetverbindungen sind schlecht, aber für die Kommunikation der Geflüchteten mit den Heimatländern außerordentlich wichtig.
Der Vorschlag eines Bürgers, einen Basketballkurs mit Flüchtlingen in Drabenderhöhe als Integrationsmaßnahme wieder einzuführen, ist sicherlich für die in Drabenderhöhe lebenden Flüchtlinge eine geeignete Maßnahme. Vor allem Familienväter mit ihren Kindern haben im Jahre 2015/2016 daran teilgenommen. Wie sollen aber die in Brächen untergebrachten Flüchtlinge daran teilnehmen? Es ist eher unwahrscheinlich, dass in den Abendstunden zu jeder Jahreszeit und bei zeitweiser schlechter Wetterlage die Flüchtlinge mit kleinen Kindern jeweils zwei Kilometer zu Fuß nach Drabenderhöhe und zurück gehen werden. Die Teilnahme am Sportangebot wird den in Brächen lebenden Flüchtlingen wohl verwehrt bleiben. Das Gleiche gilt für weitere integrative Angebote, wie z.B. die Mädchen- oder Jungschar, die von der ev. Kirchengemeinde in Drabenderhöhe angeboten werden.
Die zu erwartende Beschäftigungslosigkeit wird zur Langeweile und zu großer Unzufriedenheit bei den geflüchteten Menschen führen.
Problem der Gesundheitsversorgung und Kinderbetreuung:
Die zwei Hausarztpraxen in Drabenderhöhe sind überfüllt und haben keine Kapazitäten mehr. Diese befinden sich zudem noch 2 km von Brächen entfernt. Der Hinweis der Stadt, Kapazitätsprobleme in der medizinischen Versorgung gäbe es überall, ist sicherlich zutreffend, entkräftet aber nicht unser Argument gegen diesen Standort. Ausgehend von 35 zu versorgenden Personen, müssten die zwei Hausarztpraxen in Drabenderhöhe trotz Überfüllung jeweils 17 bis 18 weitere Patienten aufnehmen. Im Zentrum von Wiehl hingegen würden sich die zusätzlich medizinisch zu versorgenden Personen auf 7 solcher Praxen verteilen. Diese 5 zusätzliche Patienten pro Praxis wären hier noch eher zu bewältigen.
Das Gleiche trifft für die Kitas im Ort Drabenderhöhe zu. Auch bei diesen sind die Kapazitätsgrenzen längst erreicht. Ihr Versprechen, den Adele Zay Kindergarten zu erweitern, ist noch nicht einmal in der Planung und wird erst Jahre später umgesetzt werden können. Zudem wird mit den dortigen Gegebenheiten (kaum Platz auf dem Grundstück) auch kein signifikanter Zubau an Kapazitäten erfolgen können.
Problem Sicherheit:
Ein effektives Sicherheitskonzept ist gerade an diesem Standort für uns Bürger sehr wichtig. da sich das künftige Flüchtlingsheim inmitten eines Wohngebietes mit offenen Grundstücken befindet. Hier wohnen viele junge Familien, ältere alleinstehende Personen sowie Kinder und Jugendliche. Hierbei stellte sich in der Bürgerversammlung aber heraus, dass ein solches Sicherheitskonzept Ihrerseits nicht existiert, nicht geplant wird und auch nicht als notwendig angesehen wird. Stattdessen wurde uns ausschließlich von positiven Erfahrungen der Stadt Wiehl und der Flüchtlingshelfer berichtet. Dabei handelte es sich vorwiegend um die Erfahrungsberichte, die mit der individuellen Betreuung einzelner geflüchteter Personen und/oder Familien gemacht wurden. Diese Erfahrungen sind aber keinesfalls auf das geplante Flüchtlingsheim in Brächen übertragbar. Hier werden künftig zahlreiche Personen verschiedenster Ethnien auf engem Raum zusammenwohnen. Diese müssen sich Bäder und Gemeinschafträume teilen. Hinzu kommt, dass die Personen alle 2 bis 3 Jahre wechseln und die Integrationsarbeit dann wieder von vorne beginnt. Darüber hinaus können Sie noch nicht einmal bestimmen, welche Personen hinsichtlich Alter, Kultur, Geschlecht und Familienstand diesem Heim zugewiesen werden. Die Gefahr von Konflikten ist deshalb hier nicht unwahrscheinlich. Auch die Kriminalstatistik der Einbrüche und Übergriffe im OBK widerlegt Ihre Sorglosigkeit bei diesem Thema. Wir haben die berechtigte Sorge, dass sich Brächen, ähnlich wie die Kronstädter Gasse, zu einem weiteren Brennpunkt entwickeln wird.
Ungewöhnlich erschien uns in diesem Zusammenhang auch, dass diese Wortmeldungen von Personen kamen, die nicht in Drabenderhöhe oder Brächen wohnen und daher überhaupt nicht betroffen sind. Es stellt sich in diesem Zusammenhang für uns die Frage, wieso diese Personen überhaupt anwesend waren.
Ebenfalls wurde unser Vorschlag der Einfriedung des Altenheimareals von Ihnen entrüstet mit der Begründung abgelehnt, dass man die geflüchteten Menschen nicht einsperren wolle. Davon kann überhaupt nicht die Rede sein, denn die Bewohner des Flüchtlingsheims können weiterhin jederzeit durch das Haupttor die Anlage verlassen. Durch eine Einfriedung würde aber verhindert, dass ein Zugang in die Gärten der Nachbargrundstücke vom Heimareal aus jederzeit leicht möglich wäre.
Gerade unsere Sorgen und Ängste, die Sicherheit betreffend, sollten Sie ernster nehmen als bisher, wenn Sie das Flüchtlingsheim im Zentrum eines Wohngebietes planen wollen.
Fördergelder aus Landesmitteln:
Die Finanzierung des Umbaus soll mit Fördermitteln des Landes finanziert werden. Für uns als unmittelbare Anwohner stellt sich nun die Frage, an welche Bedingungen diese Finanzierung gebunden ist. Ist diese Förderung zeitlich zweckgebunden? Mit anderen Worten: Müssen wir damit rechnen, dass über mehrere Jahre an diesem Standort ein Flüchtlingsheim von der Stadt betrieben werden muss? Eine Aussage dazu haben wir leider in der Bürgerversammlung nicht erhalten.
In der Gesamtbewertung der uns an diesem Abend vermittelten Informationen und dem Verlauf des Diskussionsteils kommen wir bedauerlicherweise zu dem Schluss, dass es für die bereits jetzt konkret absehbaren und in diesem Anschreiben nur auszugsweise aufgezeigten Probleme keine Lösungskonzepte seitens der Stadt gibt und es diese auch nicht geben kann. Diese Probleme werden gerade durch diese Standortwahl geschaffen und würden bei einer Einrichtung der Unterbringung an einem besser geeigneten Standort, wie z.B. in einem Knotenpunkt des ÖPNVs, nicht entstehen.
Wir sind deshalb sehr beunruhigt. Bitte berücksichtigen Sie hierbei auch, dass wir als unmittelbare Nachbarn durch die Umsetzung des geplanten Projekts künftig über Jahre hinweg, an jedem Tag (24/7), von diesen Problemen betroffen sein werden.
Wir halten deshalb die geplante Nutzung des Seniorenheims als Flüchtlingsheim aus standortbedingten Gründen für völlig ungeeignet.
Alternative Nutzungskonzepte:
Sie haben darüber hinaus betont, dass die Veranstaltung lediglich der Information zu Ihrem Plan gedient hat, nicht aber der Akzeptanz desselbigen und dass Sie auch nicht bereit sind, über alternative Nutzungskonzepte für das Altenheim zu sprechen. Ein solches Vorgehen kritisieren wir. Als unmittelbare Anwohner sind wir von den Konsequenzen Ihrer Entscheidung direkt betroffen und möchten deshalb dazu befragt werden.
Brächen ist, vor allem in den letzten 30 Jahren städtebaulich und strukturell völlig vernachlässigt worden. Es darf daher die Frage erlaubt sein:
Was tut die Stadt für uns Bürger hier? Wir sind ein stark gewachsener Stadtteil von Wiehl aber ohne jede Ortsstruktur.
Die zentrale Lage des Altenheims samt freier Flächen bietet hier gute Möglichkeiten für eine integrative Nutzung in Form einer Mischung aus Kindergarten, Altenwohnungen, Wohnungen für Geflüchtete aber auch für einen Platz der Begegnung in Form eines Parks mit Spielplatz, Grillplatz, Dorfgemeinschaftshaus o.ä.
Dies würde das Dorfleben fördern und gleichzeitig zur Integration beitragen.
Sie hatten uns zugesichert, alle Fragen schriftlich zu beantworten und uns das Protokoll der Veranstaltung zu überlassen. Wann dürfen wir hiermit rechnen?
Mit freundlichen Grüßen,
Bürgerinitiative der angrenzenden Anwohner von Brächen
Ein guter Artikel und die bedenkt sind sehr berechtigt.
Eine kleine Frage stellt sich für mich aber, in wie fern ist die Kronstädter Gasse eine Brennpunkt?
Wir hier in Brächen sind nur eine Randgruppe von der Stadt Wiehl .All die Jahre wurde hier nichts mehr Investiert. Warum sollte sich aufeinmal daran etwas ändern? Drabenderhöhe ist schon runterkommen, siehe Kronstädtergasse, dann muss es nicht jetzt noch Brächen sein. Aber daran kann man mal sehen, wie der Bürgermeister zu den Bürgern steht.
vielen Dank an die Nachbarn die diesen Brief verfasst haben. dieser Brief ist absolut zutreffend und nicht übertreiben. schon jetzt sind den meisten Eltern die absagen für eine Ganztagsbetreuung zugeschickt worden. wie soll es den erstmal sein wen diese Familien dazukommen. und das obwohl die Eltern sich nicht eine ganztags Betreuung aus Egoismus wünschen, sonder weil es heutzutage nötig ist mit 2 Einkommen sich den Traum von einem Eigenheim zu erfüllen.das nicht die Stadt oder das Land diese Gelder aufbringen muss, sondern der Steuerzahler ist hier nicht erwähnt. die Infrastruktur in Brächen und Umgebung ist Jahrzehnte lang nur auf Einnahmen der Stadt und des Landes ausgerichtet. da nutzen auch keine vorzeige Objekte wie Stadtteilhaus, gab es schon war aber abgenutzt, oder Nõslerlandpark, gab es auch schon , würde aber niemals investiert. Danke an die Verfassers des Briefes. er spiegelt nur Tatsachen wieder👍
Ja, das ist alles ja wirklich schrecklich. Ich bin jeden Abend froh und dankbar, dass ich ein warmes Bett habe, ein Dach über dem Kopf und hier keine Bomben fliegen und dann vielleicht in einem fremden Land Zuflucht suchen muss, weil ich Angst um mein Leben und meine Familie habe.