Mit dem Motto „Heimat suchen – Heimat finden“ erinnerte das diesjährige Pfingsttreffen an die Evakuierung der Siebenbürger Sachsen aus Nordsiebenbürgen und an die Flucht aus Gemeinden Südsiebenbürgens vor 60 Jahren. Betroffene hatten danach in Österreich, Übersee und in Deutschland, besonders in den geschlossenen siebenbürgischen Siedlungen in Nordrhein-Westfalen, eine neue Heimat gefunden. So gehörte die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, zusammen mit dem landsmannschaftlichen Bundesvorstand und dem Hilfskomitee der Siebenbürger Sachsen zu den Ausrichtern des Heimattages. Der Landesvorsitzende, Harald Janesch, die Bundesfrauenreferentin und Kreisgruppenvorsitzende aus Drabenderhöhe, Enni Janesch, und der Vorsitzende des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen, Pfr. i.R. Kurt Franchy, hatten Planung und Koordinierung der Programmpunkte übernommen, für die das Land NRW zuständig war. Auch das Abzeichen, durch dessen Verkauf die Kosten des Heimattages getragen werden müssen, erinnerte mit der Abbildung eines Fluchtwagens an das geschichtliche Ereignis des Jahres 1944.
Mit drei Bussen waren die Drabenderhöher Spatzen, die Kinder- und Jugendtanzgruppe mit elterlicher Begleitung, die Erwachsenentanzgruppe, der Honterus-Chor, und die Siebenbürger Trachtenkapelle am Freitag, bzw. am Samstag nach Dinkelsbühl aufgebrochen, zahlreiche PKW´s waren auf Eigeninitiative gefolgt. Dabei war auch das siebenbürgisch-deutsche Heimatwerk, das wie jedes Jahr, Gegenstände der siebenbürgischen Volkskunst zum Verkauf im katholischen Gemeindehaus anbot.
Am Samstagmorgen eröffnete Enni Janesch die Kunstausstellung „Siebenbürgische Kirchenburgen“ mit Baso-Reliefs von David Serbu aus Aachen, Kirchenburgenmodellen von Heinrich Lukesch und Arnold Szabo. Daniel Schobel hatte eine Karte mit den Häusern seines Dorfes, das Modell der Kirchenburg und eine Gruppe von Gehöften aus Martinsdorf ausgestellt. Dazu kamen Gemeinschaftswerke von der Arbeit der Frauen aus Siebenbürgen, vorgestellt durch Ilse Philippi aus Hermanstadt und ein Behang der Frauen aus NRW, präsentiert und dokumentiert von der Landesfrauenreferentin Waltraud Fleischer. Bei der Eröffnung der Dokumentationsausstellung über die Evakuierung und Flucht im Jahr 1944 waren unter den beindruckenden Bildern auch Fotos von Familien aus Drabenderhöhe auszumachen.
Es folgte die Eröffnungsveranstaltung des Heimattages. Der Landesvorsitzende Harald Janesch hieß die Gäste herzlich willkommen, darunter den neuen Bürgermeister der Stadt Dinkelsbühl, den Minister für europäische Integration Alexandru Farcas aus Rumänien, den stellvertretenden Landrat des Oberbergischen Kreises und MdL, Hagen Jobi, den Bürgermeister der Stadt Wiehl Werner Becker-Blonigen, den Vorsitzenden des Hilfskomitees und den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, Volker Dürr, die alle in ihren Ansprachen und Grußworten die Leistungen der Siebenbürger Sachsen hervorhoben. Der Bundesvorsitzende überreichte dem Wiehler Bürgermeister das Goldene Ehrenwappen der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen als Anerkennung für seine Hilfe bei der Aufnahme der Aussiedler in der Stadt Wiehl.
Die Drabenderhöher Spatzen und der Honterus-Chor, Drabenderhöhe, beide unter der Leitung von Regine Melzer, umrahmten das Programm musikalisch und erfreuten die Besucher akustisch und optisch mit ihren Darbietungen. Fast ohne Pausen folgte ein Programmpunkt dem anderen. Die Siebenbürger Trachtenkapelle Drabenderhöhe, unter der Leitung von Jürgen Poschner, gaben vor der Schranne ein Platzkonzert. Gleich danach gestalteten die Kinder- und Jugendtanzgruppe unter der Leitung von Christa Brandsch-Böhm, die Drabenderhöher Spatzen und ein Jugendorchester, das in dieser Zusammensetzung zum erstem Mal unter der Dirigentin Regine Melzer auftrat, mit der Kindertanzgruppe aus Augsburg und Jugendlichen aus Bayern „Unser Nachwuchs präsentiert sich“.
Die Brauchtumsveranstaltung „Ein Reigen durch Siebenbürgen“ von Susanne Kräutner, vorgestellt von Traudi Fleischer, ausgeführt von der Kinder-, Jugend- und Erwachsenentanzgruppe, der Siebenbürger Trachtenkapelle und dem Honterus-Chor, begeisterte alle Zuschauer. Es war ein Augenschmaus, so viele kleine und große Trachtenträger zusammen singend und tanzend auf der Bühne zu erleben!
Nach Abschluss der Vorstellung mussten sich die Sängerinnen und Sänger des Honterus-Chores beeilen, denn sie sollten zusammen mit dem Stephan-Ludwig-Roth-Chor aus Setterich und dem jungen Organisten Christian Orben die Gedenkveranstaltung „60 Jahre Evakuierung Nordsiebenbürgen und Flucht aus Südsiebenbürgen“ in der St. Pauls-Kirche mitgestalten. Die beiden Chöre, wieder unter der bewährten Leitung von Regine Melzer, und der Organist Christian Orben konnten auch beim Festgottesdienst am Pfingstsonntag mit ihrem musikalischen Darbietungen überzeugen, bei dem die beiden Drabenderhöher Pfarrer, Gerhard Thomke die Festpredigt hielt und Hans Klein die Liturgie nach siebenbürgischem Ritus gestaltete.
Der Höhepunkt jedes Heimattages, der Trachtenumzug! Mit über 50 Trachtengruppen zogen bei strahlendem Sonnenschein ca. 1000 Trachtenträger im größten Festumzug, den es je bei einem Heimattag gegeben hat, durch die mit Menschen gesäumten Straßen von Dinkelsbühl. Drabenderhöhe war mit den anwesenden Kulturgruppen und mehreren einzeln angereisten Trachtenträgern vielzählig vertreten.
Volker Dürr begrüßte bei der Kundgebung vor der Schranne die Landleute in sächsischer Mundart und hieß in seiner Rede die vielen prominenten Gäste aus Politik und Kirche herzlich willkommen. Ein besonderer Gruß ging an die beiden Redner Frau Birgit Fischer; Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen und Herrn Dr. Ingo Friedrich, Vizepräsident des Europäischen Parlaments. Die Siebenbürger Trachtenkapelle Drabenderhöhe spielte den Choral zur Pfingstbotschaft der Heimatkirche, die deutsche Hymne und das Siebenbürgenlied am Schluss der Kundgebung.
Eine für alle Zuschauer erfreuliche Vorstellung boten dann die Kinder- und Jugendtanzgruppen bei der Volkstanzveranstaltung der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland „Jung und voller Schwung“. Welch ein herrliches Bild! 100 junge Paare in Tracht tanzten vor der Schranne.
Bei der gleichzeitigen Lesung „Zeitzeugen erinnern sich“, die Pfarrer i.R. Kurt Franchy moderierte, ging es im Spitalgewölbe stiller zu.
Bianca Poschner, Waltraud Fleischer, Ursula Tobias und Reinhard Wellmann lasen aus Aufzeichnungen Betroffener über die Evakuierung und Flucht aus dem Jahr 1944 vor, die Enni Janesch zusammen mit den Vorlesern ausgesucht hatte. Die Ereignisse und tragischen Erlebnisse erschütterten die Zuhörer.
Am Samstagabend hat die Drabenderhöher Trachtenkapelle mit Blasmusik und Gesang für gute Stimmung in der vollbesetzten Schranne gesorgt. In der St. Paulskirche bekamen Dr. Ernst Weisenfeld den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis, Christine-Franziska Lapping und Helga Fabritius den Ernst-Habermann-Preis 2004 und die „Bruder- und Schwesternschaft“ aus Setterich den Jugendpreis verliehen. Den musikalischen Part dabei übernahm Christian Orben an der Orgel, begleitet von Hans Paul Fuß mit der Trompete.
Sonntagabend spielte in der Schranne das „Trio Melody“ aus Drabenderhöhe zum Tanz auf. Bei Anbruch der Dunkelheit begleiteten die Fackelträger und die Dinkelsbühler Knabenkapelle die Teilnehmer der Feierstunde auf dem Weg zur Gedenkstätte. In seiner Ansprache gedachte Kurt Franchy der Toten des ersten und zweiten Weltkrieges, aber auch derjenigen, die auf der Flucht, während der Deportation und in den Wirren der nachfolgenden Jahre ihr Leben verloren hatten. Er rief zum Ende der Gewalt und zum Frieden in der Welt auf. Die Knabenkapelle beendete die beindruckende Feierstunde mit dem Großen Zapfenstreich.
Die Podiumsdiskussion stand am Pfingstmontag am Ende des reichhaltigen Programms des Heimattages. Die stellvertretende Bundesvorsitzende, Karin Servatius Speck, hatte die Moderation zu dem Thema „Integration und Identität“ übernommen. Teilnehmer der Diskussion waren: Dr. Irmgard Sedler, Dr. Thomas Nägler, Dr. Jürgen Walchshöfer, ehemaliger Bürgermeister der Stadt Dinkelsbühl, der Vorsitzende des Hilskomitees, Pfr. i. R. Kurt Franchy, der stellv. Bundesjugendleiter Thorsten Schuller, und Enni Janesch als Vertreterin der Landesgruppe NRW.
In ihrer Einführung konnte die Bundesfrauenreferentin von der gelungenen Integration und Bewahrung der Identität der siebenbürgischen Siedler in den nordrhein-westfälischen Bergmannsiedlungen Herten-Langenbochum, Oberhausen-Osterfeld und Setterich und in der Siebenbürgen-Sachsen Siedlung Drabenderhöhe berichten. Sie verwies auf die Ergebnisse der Doktorarbeit: „‚Ghetto‘ oder gelungene Integration“ von Katrin Ingenhoven, die die Integrationsleistungen in Drabenderhöhe belegen.
Der Bundesvorsitzende dankte zum Schluss allen Helfern, die zum Gelingen des diesjährigen Pfingsttreffens beigetragen hatten, so auch dem Landesvorsitzenden Harald Janesch und bat ihn den Dank an die beteiligten Landsleute weiter zu leiten. Die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen sowie die Kulturgruppen aus Drabenderhöhe hatten das diesjährige Pfingsttreffen zu einem Erlebnis für alle Teilnehmer werden lassen. Besonders erfreulich war die Einbeziehung der vielen Kinder und Jugendlichen in die Programmgestaltung. Der Heimattag 2004 – ein gelungener Heimattag!